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Geltungszeitraum von: 01.12.2009

Geltungszeitraum bis: 01.12.2017

Grundlinien zur Residenzpflicht1#

Vom 11. Oktober 2005

(NEK-Mitteilungen 2006 S. 100)

In der Fassung vom Dezember 2009
(NEK-Mitteilungen 2010 S. 74)
Die Kirchenleitung hat auf ihrer Sitzung am 10./11. November 2008 den Abschlussbericht der Arbeitsgruppe zu den Erfahrungen mit der Residenzpflicht zur Kenntnis genommen. Die "Grundlinien zur Residenzpflicht" wurden daraufhin entsprechend ergänzt und liegen nun in der Fassung vom Dezember 2009 vor.
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Grundlinien zur Residenzpflicht

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Übersicht:

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I. Zusammenfassende Eckpunkte

  1. Grundsätzlich gilt für Pastorinnen und Pastoren die Residenzpflicht bzw. Dienstwohnungspflicht. Pastorinnen und Pastoren allgemeinkirchlicher Stellen haben ihren Wohnort nach den Erfordernissen der Pfarrstelle zu wählen.
  2. Pfarrstelleninhaberinnen und -inhaber sowie Pfarrstellenverwalterinnen und -verwalter sind dienstwohnungsberechtigt.
  3. Die Ausstattung der Pastorate soll dem üblichen Standard nach Pastoratsvorschriften entsprechen; die Privaträume sollen von den Amtsräumen getrennt sein und als Rückzugsräume dienen können.
  4. Pfarrstellenausschreibungen müssen die Wohnverhältnisse deutlich machen. Es soll ersichtlich sein, dass die Residenzpflicht gewährleistet ist.
  5. Die Residenzpflicht einer Pastorin oder eines Pastors im Teildienst von 50 Prozent wird in jedem Einzelfall geprüft. In der Regel gelten erleichterte Voraussetzungen für eine Befreiung.
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II. Grundlagen

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1. Theologische und soziologische Grundlagen

Das Thema „Residenzpflicht für Pastorinnen und Pastoren“ ist Teil des Verständnisses der geistlichen Existenz heute als Teil der Profession „Pastorin/Pastor“. Aus diesem Verständnis ergeben sich Grundsätze. Sie müssen auf die konkreten Situationen des Lebens bezogen werden. Die Balance zwischen Grundsätzen und konkreter Situation erfordert Flexibilität und Menschlichkeit. Je klarer das Grundverständnis, desto unproblematischer die Ausnahmen.
Pastorinnen und Pastoren leben in einem Spannungsfeld zwischen der Veränderung gesellschaftlicher Werte, an der auch sie teilhaben, und dem Anspruch, eine geistliche Existenz zu führen, der an Werte unserer Tradition anknüpft. Zu den veränderten gesellschaftlichen Werten gehören die heute weithin selbstverständliche Trennung von Beruf und Privatleben, der Anspruch auf Freizeit, ein professionelles Arbeitsverständnis eines „Jobs“ (den man gut, aber mit innerer Distanz zu erledigen hat), die Möglichkeit der Berufstätigkeit für den Ehepartner oder die Ehepartnerin und vieles mehr. Geistliche Existenz im Pfarrhaus kann, wenn sie gelingt, eine Alternative zu diesen gesellschaftlichen Werten sein. Sie wird immer eine spannungsvolle Balance aus verschiedenen Ansprüchen sein. 10 Dieses Spannungsfeld kann, im guten Fall, produktiv sein und Kräfte freisetzen; im schlechten Fall kann es zerstörend auf Familie und Gesundheit wirken.
11 Wenn heute von einer geistlichen Existenz der Pastorinnen und Pastoren die Rede ist, so geschieht das in Aufnahme theologischer Grundlegungen, die ihren Niederschlag wiederum als soziologisch beschreibbare Ausformungen des pastoralen Berufs finden.
12 Grundlage einer theologischen Beschreibung des Berufes der Pastorinnen und Pastoren ist die lutherische Zusammenschau von Person und Beruf – in diesem Kontext ist dann auch das Thema Residenzpflicht zu betrachten. 13 Bei allen Veränderungen der Berufswelt gilt, dass von denjenigen, die es sich zum Beruf gemacht haben, von Gottes Heilswillen für diese Welt in Wort und Tat Zeugnis abzulegen, in besonderer Weise die Untrennbarkeit von Beruf und Person erwartet wird. 14 Das Wohnen im Pfarrhaus ist sichtbarer Ausdruck dieser Einheit.
15 Die Betrachtung dieser Einheit von Person und Amt zieht besondere Formen der Ansprechbarkeit nach sich. 16 Diese gelten sowohl für das Dass des Ansprechbarseins, als auch für das Wo.
Dem Dass entspricht sowohl die Freiheit und Variabilität in der Arbeitszeitgestaltung als aber auch die Erwartung, sich – wo nötig – außerhalb der gewöhnlichen Zeiten ansprechen zu lassen.
Dem Wo entspricht die Verlässlichkeit in der Möglichkeit, die Pastorin oder den Pastor auch an bestimmten Orten und in einem geschützten Raum erreichen zu können.
17 Im Kontext der Thematik „Residenzpflicht“ spielt das Wo die entscheidende Rolle. 18 Denn neben den technischen Möglichkeiten (Telefon, Fax, E-Mail), die das Wo als irrelevant erscheinen lassen können, gibt es weitere Aspekte, die wichtig sind:
Im Anteilnehmen an den Lebenswelten wird die Pastorin/der Pastor zum adäquaten Ansprechpartner der Menschen der Gemeinde: Sie/er weiß um die Situation der Menschen vor Ort.
Darüber hinausgehend kann es ein solidarisches Mitleben geben. Dieses beschreibt die Notwendigkeit, als Pastorin/Pastor auch dort zu leben, wo die Pastorin/der Pastor als Angehörige der Mittelschicht eigentlich nicht wohnen würde. Diese Aussage gilt ebenso für den sozialen Brennpunkt wie für das Villenviertel. Sie gilt in gleicher Weise auch für das abseits liegende Dorf wie für sonst untypische Milieus (besondere Personalgemeinden, Projekte etc.).
19 Die Pastorin/der Pastor hat durch ihre/seine Sichtbarkeit und Erreichbarkeit teil an der öffentlichen Repräsentanz von Kirche. 20 Diese öffentliche Funktion bringt Pflichten, aber auch Chancen mit sich – z. B. die Chance, angesprochen zu werden.
21 Erfahrungen in Gemeinden, in denen bereits früh eine Befreiung der Pastorin/des Pastors von der Residenzpflicht geschah, zeigen, dass dort die Kirchenvorstände deutlich zurückkehren zu der Forderung, ihre Pastorin/ihr Pastor solle im Pastorat leben.
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2. Rechtliche Grundlagen

„Pfarrerinnen und Pfarrer, die eine Pfarrstelle innehaben und verwalten, sind verpflichtet, am Dienstsitz zu wohnen. Eine für sie bestimmte Dienstwohnung haben sie zu beziehen. Ausnahmen können in besonders begründeten Fällen genehmigt werden.“ (§ 45 Absatz 1 Pfarrergesetz [PfG.VELKD]) Das nordelbische Ergänzungsgesetz (PfGErgG) präzisiert: „Den Bischöfen, Bischöfinnen, Pröpsten und Pröpstinnen sowie denjenigen Pastoren, Pastorinnen, Pfarrvikaren und Pfarrvikarinnen, die eine Gemeindepfarrstelle innehaben oder eine solche verwalten, werden Dienstwohnungen zugewiesen.“ „Dienstsitz ist für Pastorinnen und Pastoren in Gemeindepfarrstellen die Kirchengemeinde, für die übrigen Pastorinnen und Pastoren gilt, dass sie ihre Wohnung so zu nehmen haben, dass sie in der ordnungsgemäßen Wahrnehmung ihrer Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt werden. Über Ausnahmegenehmigungen entscheidet das Nordelbische Kirchenamt auf Antrag des Kirchenvorstandes nach Anhörung des Kirchenkreisvorstandes bzw. auf Antrag des Stellenträgers.“ (§ 18 Absatz 1 und 2 PfGErgG)
Die Pastoratsvorschriften ergänzen unter ausdrücklicher Berufung auf das Pfarrergesetz: „Der pastorale Dienst erfordert die Residenz des Pfarrstelleninhabers. Eine sachgemäße Wahrnehmung des Pfarramtes setzt personale Anwesenheit und Erreichbarkeit des Pastors voraus. Aus diesem Grunde ist der Pastor verpflichtet, am Dienstsitz (Amtssitz) zu wohnen und das für ihn bestimmte Pastorat zu beziehen.“ (Abschnitt I der Pastoratsvorschriften)
10 Aus § 45 PfG und § 18 Absatz 1 PfGErgG leitet sich ab, dass sowohl Pastorinnen und Pastoren auf Lebenszeit als auch Pastorinnen und Pastoren im Probedienst dienstwohnungsberechtigt sind.
11 Für die Vikarinnen und Vikare bestimmt die Rechtsverordnung zur Regelung der Durchführung des Vorbereitungsdienstes in § 5 Absatz 3: „Die Vikarin oder der Vikar soll in der Vikariatsgemeinde ihren bzw. seinen Wohnsitz nehmen.“ 12 Auf diese Weise werden die Vikarinnen und Vikare auf die spätere Situation vorbereitet.
13 Residenzpflicht ist zu unterscheiden von Dienstwohnungspflicht. 14 Residenzpflicht ist die Pflicht, am Dienstsitz (Amtssitz) zu wohnen. 15 Dienstwohnungspflicht ist die Pflicht, das vorgesehene Pastorat zu beziehen. 16 In der Regel umfasst die Residenzpflicht die Dienstwohnungspflicht. 17 Ein Pastorat ist ein öffentliches Amtsgebäude und unterliegt öffentlichem Recht. 18 Das heißt, jede und jeder hat das Recht auf Zugang zum Pastorat. 19 Es genießt besonderen Schutz hinsichtlich Abhörsicherheit und Eindringen öffentlicher Organe. 20 Es steht damit in genuiner Verbindung zur seelsorgerlichen Tätigkeit der Pastorinnen und Pastoren. (Vgl. Abschnitt I der Pastoratsvorschriften)
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III. Ausführungen

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1. Allgemeines

Es gilt, die theologischen und soziologischen wie auch die rechtlichen Werte zu bewahren und unter veränderten gesellschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen praktikabel zu machen.
Die mit dem Pastorat als öffentlichem Gebäude verbundenen Werte dürfen nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden, indem die Kirche ihre Pastorate nach und nach abschafft oder angemieteten Wohnraum zu Pastoraten erklärt, der faktisch den Erfordernissen eines Pastorats hinsichtlich der baulichen Abgrenzung und folglich des rechtlichen Schutzes nicht gerecht werden kann.
Den Ansprüchen an die Pastorin/den Pastor und die Familie muss die Förderung und der Schutz durch die Kirche gegenüberstehen. Die Residenzpflicht wird dauerhaft nur dann akzeptiert werden, wenn die Balance aus Anspruch und Schutz gewährleistet ist.
Die Förderung hat sowohl im menschlich-seelsorgerlichen als auch im finanziellen Bereich zu geschehen. Der Schutz bezieht sich auf Situationen, die im Einzelfall als unzumutbar angesehen werden. In solchen Fällen haben Pröpstinnen und Pröpste und das Nordelbische Kirchenamt die Pflicht, Abhilfe zu schaffen.
Pastorinnen und Pastoren haben ein Recht auf die Anerkennung der Belastung, die für sie und ihre Familie durch das Wohnen in einem Pastorat entsteht. Diese Anerkennung muss sich in den finanziellen Regelungen und in der Art und Weise niederschlagen, wie Fragen im Zusammenhang des Pastorates behandelt werden. 10 Das Wohnen im Pastorat ist kein - noch dazu kostengünstiger - Luxus. 11 Es bringt vielmehr die Verpflichtung mit sich, „auf dem Arbeitsplatz“ zu wohnen. 12 Dies stellt eine Belastung dar.
13 Ein Vorschlag zur Entlastung könnte darin bestehen, dass Stelleninhaber und Stelleninhaberinnen durch zusätzliche Urlaubstage bzw. Freistellungen einen Ausgleich erhalten, wenn eine Prüfung auf Kirchenkreisebene ergibt, dass einzelne durch das Bewohnen eines besonders zentralen Pastorates überdurchschnittlich durch Publikumsverkehr in Anspruch genommen werden. 14 Aufgabe ist es, für diese Prüfung Kriterien zu entwickeln. 15 Es wird angeregt, entsprechende rechtliche Regelungen zu schaffen.
16 Die Verpflichtung, im Pastorat zu wohnen, endet mit dem Eintritt in den Ruhestand an dem betreffenden Ort. 17 Das Personaldezernat rät dazu, nicht in der bisherigen Kirchengemeinde wohnen zu bleiben, auch wenn diese Trennung als schmerzhaft empfunden wird.
18 Sollte jemand an seinem bisherigen Dienstort wohnen bleiben, dann bittet das Personaldezernat um Rollenklarheit. 19 Als Grundsatz muss gelten: Beim Ausscheiden aus dem aktiven Dienst sollte alles vermieden werden, was die Arbeit der Nachfolgerin oder des Nachfolgers erschweren könnte. 20 Ebenso sollte jede unklare Situation für Gemeindeglieder vermieden werden.
21 Das Bewusstsein für diese Thematik soll auch im Rahmen der Konvente der Pastorinnen und Pastoren sowie der Pröpstinnen und Pröpste geschärft werden.
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2. Teildienststellen

Pastorinnen und Pastoren auf Teildienststellen im Umfang bis 50 Prozent werden nicht grundsätzlich von der Residenz- bzw. Dienstwohnungspflicht befreit, sondern werden jeweils als Einzelfall betrachtet und bewertet. Auch hier ist der Entscheidungsweg einzuhalten, um die jeweils unterschiedlichen Perspektiven zu beachten und eine sachgerechte Entscheidung treffen zu können: Antrag durch den Kirchenvorstand bzw. Anstellungsträger, Anhörung des Stellung nehmenden Gremiums Kirchenkreisvorstand, Entscheidung durch das Kollegium des Nordelbischen Kirchenamtes. So finden die persönlichen Interessen des Pastors/der Pastorin, das Interesse der Kirchengemeinde, die Vergleichbarkeit innerhalb der Kirchenkreise und das gesamtkirchliche Interesse angemessene Berücksichtigung. Die Spannung zwischen den Interessen des Anstellungsträgers einerseits und der Stelleninhaber sowie der Stelleninhaberinnen andererseits dürfen nicht vorschnell zu Gunsten der letzteren aufgelöst werden. In der Regel dürfte diese Überprüfung zu einer Befreiung von der Residenz- und Dienstwohnungspflicht führen, wenn der Gesamtumfang des Dienstes in der Gemeinde 50 Prozent nicht übersteigt. Für Pastorinnen und Pastoren im Probedienst gilt die Residenz- und Dienstwohnungspflicht auch bei einem Dienstumfang von 50 Prozent.
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3. Allgemeinkirchliche Pfarrstellen

Für Pastorinnen und Pastoren in einer allgemeinkirchlichen Aufgabe gilt die Residenzpflicht je nach dienstlicher Notwendigkeit in gelockerter Weise: Sie haben „ihre Wohnung so zu nehmen, dass sie in der ordnungsgemäßen Wahrnehmung ihrer Dienstgeschäfte nicht beeinträchtigt werden.“ (§ 45 Absatz 2 PfG.VELKD) Das kann es z. B. für einen Krankenhauspastor nötig machen, nur einen kurzen Weg zum Dienstort zu haben, für eine Tätigkeit im Geschäftsführungsbereich mag eine größere räumliche Distanz akzeptabel sein. Die Anstellungskörperschaft legt bereits im Ausschreibungstext ihre Bedingungen offen, die je nach Stelle unterschiedlich sein können.
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4. Zusammenfassung

  1. Die Pastorin/der Pastor wohnt im Pastorat auf dem Gelände der Kirche. Das Pastorat enthält einen Amts- und einen Privatbereich. Alle anderen denkbaren Formen sind hiervon abgeleitet und bedürfen der Begründung.
  2. Es existiert kein Pastorat auf dem Gelände der Kirche, wohl aber innerhalb der Gemeinde.
  3. Die Gemeinde verfügt über kein Pastorat mehr und ist auch nicht in der Lage, erneut eines zu beschaffen: Die Pastorin/der Pastor wohnt in einer von der Kirchengemeinde angemieteten Dienstwohnung im Gemeindebereich.
  4. Die Pastorin/der Pastor wohnt außerhalb der Gemeinde, z. B. im Pastorat einer anderen Gemeinde, da beide Eheleute Pastoren sind. In diesem Fall muss ein Amtszimmer in der Gemeinde existieren und die Erreichbarkeit auch am Abend und in der Nacht sowie an Sonn- und Feiertagen sichergestellt werden.
  5. Hat eine Gemeinde mehrere Pfarrstellen, so gilt die Residenzpflicht für alle Pastorinnen und Pastoren dieser Gemeinde.
  6. Pastorinnen und Pastoren im Teildienst bis 50 Prozent können im Pastorat wohnen. Eine Befreiung kann in der Regel erfolgen.
  7. Es können Pastorate auch für Pastorinnen/Pastoren im Ehrenamt bereitgehalten werden.
  8. Die Bildung von Gestaltungsräumen und fusionierten Gemeinden kann zwar im Einzelfall besondere Lösungen erfordern. Dennoch gilt auch für Pfarrämter in diesen neuen Gestalten von Gemeinde die Residenzpflicht.
  9. In den vergangenen Jahren wurden nach und nach fast alle Pröpstinnen und Pröpste nicht mehr auf Gemeindepfarrstellen, sondern auf Kirchenkreispfarrstellen eingesetzt. Grundsatz sollte hier analog zu Punkt 1 sein, dass jeder Kirchenkreis eine pröpstliche Dienstwohnung vorhält, die die Erreichbarkeit der pröpstlichen Person gewährleistet und die Sichtbarkeit des Kirchenkreises fördert.
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5. Orientierungshilfe für die Gestaltung von Ausnahmen

„Über Ausnahmegenehmigungen entscheidet das Nordelbische Kirchenamt auf Antrag des Kirchenvorstandes nach Anhörung des Kirchenkreisvorstandes bzw. auf Antrag des sonstigen Trägers der Pfarrstelle.“ (§ 18 Absatz 2 PfGErgG)
5.1 Ausnahmen für wiederkehrende Fälle
5.1.1
Wenn ein Pastorenehepaar in zwei verschiedenen Gemeinden tätig ist, dann ist die Notwendigkeit gegeben, für einen von beiden die Befreiung von der Residenzpflicht auszusprechen. Die Entfernung für den von der Residenzpflicht befreiten Teil soll zwischen Dienstsitz und Wohnort nicht mehr als 30 Minuten Fahrtzeit betragen.
5.1.2
Ist eine Stelle für einen Zeitraum von weniger als fünf Jahren befristet, so kann die Residenzpflicht nicht allgemein gefordert werden. Hier sind die besonderen Lebensumstände der Pastorin oder des Pastors sowie die besonderen Erfordernisse des jeweiligen Arbeitsplatzes zu berücksichtigen. Der Rechtsanspruch auf die Bereitstellung eines Pastorats bleibt davon unberührt. Auch sollte berücksichtigt werden, dass die Bereitstellung eines Pastorates gerade für Pastorinnen und Pastoren auf befristeten Stellen oftmals eine erwünschte praktische Hilfe darstellt.
5.1.3
Dem berechtigten Schutzbedürfnis der Pastorin oder des Pastors entspricht es, dass im Falle erheblicher Baumängel des Pastorates, die nicht kurzfristig beseitigt werden können, die Kirchengemeinde eine angemessene Wohnung als Dienstwohnung anzumieten hat, um die Erfüllung der Residenzpflicht zu ermöglichen.
Die Pröpstinnen bzw. Pröpste stellen das Vorliegen eines solchen Falles ggf. fest.
‎5.1.4
Durch die lange Ausbildungszeit und insbesondere die Wartezeiten ist das Eintrittsalter in den Pfarrberuf in den zurückliegenden Jahren gestiegen. Familiengründung, Existenzgründung des Partners/der Partnerin (oder die eigene in einem anderen Beruf) sowie die Anschaffung von Wohneigentum gehen dem Eintritt ins Pfarramt heute oft voraus. Dies hat zu einer wachsenden Zahl von Fällen geführt, in denen die Residenzpflicht mit Verweis auf das Wohneigentum oder die berufliche Situation des Partners/der Partnerin von vornherein abgelehnt wird und die Vermittelbarkeit auf einen engen Radius um das Wohneigentum herum eingeschränkt wird.
Eine generelle Befreiung von der Residenzpflicht kann in diesen Fällen nicht gegeben werden. Allein schon die eingeschränkte Vermittelbarkeit würde der praktischen Umsetzung einer solchen generellen Befreiung im Wege stehen.
Andererseits ist zu berücksichtigen, dass diese angehenden Pastorinnen und Pastoren durch die Aufgabe eines bereits erlangten anderen Berufes und anderer Sicherheiten teilweise erhebliche Opfer für den Eintritt in ihren Beruf bringen.
Ferner werden im Einzelfall Übergangsfristen vereinbart, die einen angemessenen Spielraum zur Veränderung der Wohnsituation lassen.
5.2. Ein Missverständnis
In den zurückliegenden Jahren ist häufig das Missverständnis aufgetreten, das Wohnen innerhalb der Kirchengemeinde entspreche auch dann der Residenzpflicht, wenn es sich um eine von ihm oder ihr angemietete Wohnung oder um Wohneigentum der Pastorin/des Pastors handelt. Dieses Missverständnis tritt sowohl auf Seiten von Kirchengemeinden auf, die aus finanziellen oder anderen Gründen kein Pastorat mehr vorhalten möchten, wie auch auf Seiten von Pastorinnen und Pastoren, die lieber in ihrem Wohneigentum wohnen möchten.
§ 45 Absatz 1 PfG VELKD und Abschnitt I der Pastoratsvorschriften behandeln Residenzpflicht und Dienstwohnungspflicht ausdrücklich in einem Zusammenhang, der sich nicht beliebig auflösen lässt. Deshalb umfasst im Regelfall die Residenzpflicht die Dienstwohnungspflicht.
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IV. Stützender und fördernder Rahmen

Im Vorfeld gemeindlicher Arbeit und im Leben in der Gemeinde sind Maßnahmen zu bedenken, die unterstützen und fördern.
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Grundsätzlich gilt:

Pfarrstellen werden vom Kirchenkreis erst dann zur Besetzung freigegeben, wenn die das Pastorat betreffenden Fragen gegenüber dem Kirchenkreis geklärt worden sind.
Pfarrstellenausschreibungen müssen die Wohnverhältnisse deutlich machen.
Gemeinden/Kirchenvorstände müssen den „Mehrwert“ der pastoralen Anwesenheit „vor Ort“ für sich definieren und achten.
„Die Vikarin oder der Vikar soll in der Vikariatsgemeinde ihren bzw. seinen Wohnsitz nehmen.“ (§ 5 Absatz 3 der „Rechtsverordnung zur Regelung der Durchführung des Vorbereitungsdienstes“). Es bedarf einer „Einübung“ in mögliche Wohnformen und ihre Konsequenzen bereits während des Vikariats, ggfs. auch für die Familie (die jeweiligen Wohnformen müssen adäquat theologisch reflektiert und durchdacht werden).
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Bauliche Voraussetzungen:

Pastorate müssen als solche auch geeignet sein. Eine solche Eignung lässt sich etwa an folgenden Punkten festmachen:
Trennung von Privat- und Dienstteil: Die Erfahrungen zeigen, dass etwa ein Reihenhaus oder eine Etagenwohnung manchmal nicht als Pastorat taugen, wenn sie weder für Besucher noch für die dort wohnenden Personen einen Schutzraum lassen. (Siehe hierzu auch die „Rechtsverordnung für den Bau von Pastoraten“ und die „Verwaltungsanordnung für die Ausstattung von Pastoraten“.)
Zumindest ist ein separat zugänglicher Amtsbereich in gemeindlichen Räumen (nach Möglichkeit mit WC) vorzusehen. Ziel sollte sein, einen höheren Standard in Bezug auf die Trennung des privaten und des dienstlichen Bereiches der Dienstwohnung zu realisieren.
Klare Erkennbarkeit des Gebäudes: z. B. entsprechende Beschilderung.
Bauliche Zumutbarkeit: Vom baulichen Zustand her darf es nicht als Opfer empfunden werden, im Pastorat zu wohnen. Dem Kirchenvorstand obliegt die Pflicht, für einen angemessenen baulichen Zustand zu sorgen.
Erstellung eines Pastoratskatasters zum Zwecke der Bestandsaufnahme.
Auflage eines Bauförderprogramms auf Kirchenkreis- und auf Nordelbischer Ebene, zur Modernisierung im Blick auf Energieverbrauch und Klimaschutz.
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Finanzielle Voraussetzungen:

Die Dienstwohnungsvergütung darf nicht die Höhe der marktüblichen Miete erreichen.
Steuerliche Bewertungen müssen berücksichtigen, dass ein Pastorat aufgrund seiner spezifischen Nutzung mit seinem Wohnwert nicht unbedingt dem Nachbarhaus vergleichbar ist. Dieses gilt besonders in bevorzugten Wohnlagen von Städten.
Die NEK und die EKD sollten eine politische Initiative zu einer steuerlichen Entlastung der Pastorate unternehmen.
Es wird empfohlen, sich Beratung zur Eigentumsbildung und Vermögensanlage geben zu lassen (insbesondere bei Eintritt in den Dienst der NEK).
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Vor dem Bezug der Dienstwohnung:

Die Rahmenbedingungen in Bezug auf
Ausstattung des Pastorats
Kostenhöhe (Dienstwohnungsvergütung, Nebenkosten, Pauschalen, steuerliche Konsequenzen etc.)
evtl. Vorteile und Beeinträchtigungen des speziellen Wohnens
berufliche Tätigkeiten von Angehörigen aus dem Pastorat heraus
müssen geklärt werden.

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1 ↑ Red. Anm.: Die Grundlinien zur Residenzpflicht der ehemaligen Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche vom 11. Oktober 2005 (NEK-Mitteilungen 2006 S. 100) in der Fassung der Bekanntmachung vom Dezember 2009 (NEK-Mitteilungen 2010 S. 74) wurden mit der Rechtsvereinheitlichung durch die Dienstwohnungs- und Residenzpflichtverwaltungsvorschrift vom 23. Oktober 2017 (KABl. S. 530), vgl. 7.321-512, gegenstandslos.