.

Erläuterungen
zu Artikel 56 der Verfassung

Bearbeitungsstand: Juli 2022

####

Artikel 56
Aufgabenübertragung

Der Kirchenkreisrat kann Aufgaben und Befugnisse nach Maßgabe eines Kirchengesetzes oder einer Kirchenkreissatzung auf die Kirchenkreisverwaltung übertragen, wenn seine eigenständige Leitungsfunktion nicht beeinträchtigt wird.
#

Grundinformationen

##

I. Textgeschichte

#

1. Veränderungen

Die Vorschrift ist seit dem Inkrafttreten unverändert.
#

2. Textentwicklung

Artikel 54: Aufgabenübertragung
Der Kirchenkreisrat kann Aufgaben und Befugnisse nach Maßgabe eines Kirchengesetzes oder einer Kirchenkreissatzung auf das Kirchenkreisamt übertragen, wenn und soweit seine eigenständige Leitungsfunktion nicht beeinträchtigt wird.
(1. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 5, Seite 31)
Im Entwurf zur 2. Tagung der Verfassunggebenden Synode wurde der Begriff „Kirchenkreisamt“ durch „Kirchenkreisverwaltung“ ersetzt (Artikel 57) (Drucksache 3/II, Seite 33). Zur 3. Tagung der Verfassunggebenden Synode wurden die Wörter „und soweit“ gestrichen (Drucksache 4/III).
#

3. Erläuterungen zum Entwurf der Verfassung

Die Erläuterungen zum Entwurf der Verfassung enthalten keine Ausführungen zu der Aufgabenübertragung des Kirchenkreisrates.
#

4. Weitere Materialien (insbesondere des Verbandes)

Der erste Entwurf vom 5. Juni 2010 entsprach der Fassung für die 1. Tagung der Verfassunggebenden Synode. Die AG Theologie wies bereits am 10. Juli 2010 darauf hin, dass zwar der damalige Artikel 54 die Beschränkung enthalte, dass Aufgaben des Kirchenkreisrates nur soweit auf das Kirchenkreisamt übertragen werden dürfen, „wenn und soweit seine eigenständige Leitungsfunktion nicht beeinträchtigt werde“, aber es gemäß Artikel 67 möglich sei, ihm für einzelne Aufgabenbereiche Aufsichtsfunktionen – und hier kämen nur Funktionen des Kirchenkreisrates in Frage durch Kirchengesetz oder durch das Landeskirchenamt – offenbar auch ohne Einverständnis des Kirchenkreisrates – übertragen werden, ohne dass hier eine Beschränkung gelte. Die AG Theologie sah hierin eine unkontrollierbare Eigenmächtigkeit der Verwaltung im Falle der Übertragung durch das Landeskirchenamt, der sie nicht zustimmen könne.
Der Rechtsausschuss beriet am 13. und 14. Mai 2011 über die Terminologie „Kirchenkreisamt“. Es wurde noch keine Entscheidung zugunsten eines bestimmten Begriffes gefällt (diese sollte im Zusammenhang mit dem damaligen Artikel 67 getroffen werden), es wurde jedoch die Empfehlung für eine einheitliche Bezeichnung der Kirchenverwaltungsbehörden ausgesprochen. Die Entscheidung fiel schließlich zugunsten des Begriffs Kirchenkreisverwaltung, der erstmals in der Bearbeitung des Rechtsausschusses vom 26. Juni 2011 verwendet wurde.
Erst im Dezember 2011 erfolgte auf Hinweis des Rechtsdezernats des Nordelbischen Kirchenamts die redaktionelle Änderung, dass die Wörter „und soweit“ hinter dem Wort „wenn“ gestrichen wurden.
#

II. Vorgängervorschriften

#

1. Verfassung der NEK

Artikel 35 der Verfassung NEK lautete:
Der Kirchenkreisvorstand kann Aufgaben und Befugnisse nach Maßgabe eines Kirchengesetzes oder einer Kirchenkreissatzung auf die Verwaltung des Kirchenkreises übertragen, wenn und soweit seine eigenständige Leitungsfunktion nicht beeinträchtigt wird.
#

2. Entsprechende Normen der ELLM/PEK

Nach § 10 Kirchenkreisordnung ELLM bildete der Kirchenkreisrat einen Geschäftsführenden Ausschuss. Diesem konnte er nach § 11 Absatz 3 Aufgaben zur ständigen Erledigung übertragen.
Die Kirchenordnung der PEK enthielt keine vergleichbare Vorschrift.
#

3. Grundsätze zum Fusionsvertrag

Die Grundsätze zum Fusionsvertrag enthalten keine Vorgaben zur Aufgabenübertragung.
#

III. Ergänzende Vorschriften

##

1. Normen mit Verfassungsrang

Nach Artikel 53 Absatz 1 Satz 2 führt der Kirchenkreisrat die Aufsicht über die Kirchengemeinden und erteilt die erforderlichen kirchenaufsichtlichen Genehmigungen.
Nach Artikel 69 Absatz 1 nimmt die Kirchenkreisverwaltung die ihr zugewiesenen Aufgaben wahr. Dabei ist die Wahrnehmung der Aufsicht organisatorisch von der Erfüllung der weiteren Aufgaben zu trennen (Absatz 1).
#

2. Einfache Kirchengesetze

§ 9 Kirchenkreisverwaltungsgesetz bestimmt:
(1) Die Struktur der Kirchenkreisverwaltung und die Abläufe im Geschäftsbetrieb sind so zu organisieren, dass der Kirchenkreisrat seine Aufsicht über die Kirchengemeinden und Kirchengemeindeverbände jederzeit in vollem Umfange und zeitnah wahrnehmen kann.
(2) Die Wahrnehmung der Aufsicht ist innerhalb der Kirchenkreisverwaltung organisatorisch von der Erfüllung der weiteren Aufgaben zu trennen. Dies geschieht entweder durch die Bildung einer eigenständigen Organisationseinheit oder durch die besondere Beauftragung der Verwaltungsleitung bzw. von leitendenden Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern.
(3) Kirchenaufsichtliche Entscheidungen, die der Kirchenkreisrat nach Artikel 56 der Verfassung auf die Kirchenkreisverwaltung übertragen hat, dürfen nur durch die Verwaltungsleitung und durch besonders beauftragte leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter getroffen werden.
#

3. Satzungen (der Kirchenkreise etc.)

Alle Satzungen der Kirchenkreise enthalten einen Katalog der Aufgaben und Befugnisse, die auf die Kirchenkreisverwaltung übertragen werden können, bzw. der wesentlichen Leitungsentscheidungen, die nicht übertragen werden können.
#

IV. Zusammenhänge und Rechtsvergleich

#

1. Verweise auf andere Verfassungsbestimmungen

Nach Artikel 105 Absatz 1 führt das Landeskirchenamt die Verwaltung aller Angelegenheiten der Landeskirche, wenn die Verwaltung nicht anderen kirchlichen Stellen übertragen ist.
#

2. Verweise auf kirchliches Recht (außerhalb der Nordkirche)

Weder die Grundordnung der EKBO, noch die Kirchenverfassungen der EKM und der Landeskirche Hannovers enthalten eine vergleichbare Vorschrift auf Ebene des Kirchenkreises.
Nach Artikel 81 Absatz 1 Grundordnung EKBO kann die Kirchenleitung einzelne ihr zugewiesene Aufgaben dem Konsistorium zur Erledigung übertragen.
Nach Artikel 63 Absatz 3 Kirchenverfassung EKM kann durch Kirchengesetz geregelt werden, dass Aufgaben des Landeskirchenamtes in die Zuständigkeit der Kirchenkreise übertragen werden.